GAIA Music Festival – unsere Intention
Seit seinen Anfängen im Jahr 2006 hat sich GAIA zu einer sprudelnden Quelle von Ideen und Impulsen entwickelt, die Musikerinnen und Musikern und ihrem Publikum eine grossartige Erfahrung schenkt. Auf der Suche nach innovativen Wegen zum gemeinsamen Genuss von Musik verlässt GAIA ausgetretene Pfade und versucht, Musik jedem zugänglich zu machen. Dabei werden ständig konzeptionell andersartige Ereignisse geschaffen. Sowohl bekannte als auch selten gespielte, zeitgenössische oder eigens für das Festival komponierte Werke werden zu Gehör gebracht und gewähren dem Zuhörer veränderte Einblicke durch neu geschaffene Aufführungsbedingungen ebenso wie durch alternative Ansätze für deren Darbietung.
Das erste GAIA-Musikfestival initiierte Gwendolyn Masin in der Nähe von Stuttgart, wo sie in zwei aufeinanderfolgenden Jahren hochgelobte Programme in ausverkauften Sälen auf die Bühne brachte. Für seinen besonderen Einfluss auf die Kulturlandschaft wurde das Festival mit dem Göppinger Kulturpreis ausgezeichnet. 2009 erlebte das Festival seine Premiere in der Schweiz, wo es seither ansässig ist.
Seit mehreren Jahrzehnten sucht Masin in ihrer Arbeit zunehmend nach alternativen Wegen, um mehr Menschen mit Musik zu erreichen. In einem Interview mit der Zeitung «Der Bund» im Jahr 2022 stellte sie fest, dass, «Künstlerinnen und Künstler sind kritische Beobachter unserer Zeit und können im Rahmen ihrer Ausdrucksmittel bedeutsame Beiträge für die Öffentlichkeit bieten, voller Intention und mit grosser Wirkung auf das Publikum.»
Auseinandersetzung mit kritischen Fragen der Gesellschaft
Gwendolyns Entscheidung, im Jahr 2022 Familie und Komponistinnen in den Mittelpunkt von GAIA zu stellen, resultierte aus einer Recherche über verschiedene Arten familiärer Unterstützung in der klassischen Musik. Hinzu kam Masins Betroffenheit darüber, dass es damals aufgrund gesellschaftlicher Vorurteile und patriarchalischer Strukturen bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts kaum Komponistinnen gab. In Masins Programm erzählen Begebenheiten aus über 400 Jahren Musikgeschichte – von den Bachs und Boulangers über die Mozarts und Mendelssohns bis hin zu Smetana und seiner Frau Kateřina Kolářová – eindringlich von Mut in Zeiten sozialer Ungerechtigkeit. In den Vordergrund rückten so insbesondere Frauen, deren Bedeutung über den gesellschaftlich anerkannten Status einer «Muse» hinausging. Die Musikerinnen und Musiker bei GAIA spielten Werke von Frauen, die den Löwenanteil des Familieneinkommens verdienten, wie etwa Clara Schumann geborene Wieck, und brachten Stücke von Komponistinnen wie Irene Wienawska (bekannt als Poldowski) und Otilie Suková-Dvorakova zur Uraufführung. Gewürdigt wurden auch die Männer, die diese Frauen ermutigten, und die (erweiterten) Familien, die sie förderten.
Auch die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne waren auf verschiedene Weise eng miteinander verbunden, was dem Thema Familie zusätzliche Bedeutung verlieh. So gab es unter den Künstlerinnen und Künstlern Brüder und Schwestern, Väter und Töchter, Verlobte, Ehepartner, Musikerkollegen und jahrzehntelange akademische Bande.
Friedensmission
Im kommenden Jahr 2023 wird Masin Gemeinsamkeiten europäischer und nordamerikanischer Musik vorstellen und gleichzeitig die besonderen Traditionen einzelner Länder würdigen. Denkt man etwa an die Donau oder die Rhône, die durch verschiedene Regionen fliessen, überrascht es nicht, dass ihre Anrainerstaaten gemeinsame Volks- und traditionelle Musik haben, wenngleich sie diese unterschiedlich interpretieren. So mag es vorkommen, dass Kroaten ein Lied bei Hochzeiten singen, während Serben dieselbe Melodie eher als Hymne betrachten und Bulgaren als Marsch. Oder dass eine bestimmte Melodie starke Emotionen auslösen kann in einer Region, die ethnischem Hass und Krieg ausgesetzt war – ein Zeugnis für die Zerwürfnisse unter den Menschen auf dem Balkan.
Bei der näheren Betrachtung der Art und Weise, wie Volks- und traditionelle Musik für viele Menschen viele unterschiedliche Bedeutungen haben kann, entsteht eine Geschichte der Nationen, die wiederum zum besseren Verständnis untereinander beitragen kann. Ob man nun Musik des Kaiserreichs Österreich-Ungarn unter die Lupe nimmt, Werke von Schweizer Komponisten entdeckt, die von der Volksmusik des Alpenraums geprägt wurden, oder die Einflüsse des Gospels auf amerikanische Komponistinnen und Komponisten des 20. Jahrhunderts untersucht: Die 14. Ausgabe von GAIA setzt sich sorgfältig mit den Unterschieden zwischen kultureller Bewahrung und der Entwicklung der Musik auseinander, ebenso wie mit Missverständnissen rund um das Thema der kulturellen Aneignung.
Kommen wir zusammen, um unsere Gemeinsamkeiten zu teilen, anzuerkennen, zu akzeptieren und zu feiern. Wir freuen uns darauf, Sie bei unserem nächsten Festival zu begrüssen!